Als Vertreter für die Fraktion DIE LINKE im LVR bin ich Mitglied in der Gesellschafterversammlung der „Bauen für Menschen GmbH“, einer 90%igen Tochtergesellschaft des LVR (die anderen 10% gehören der Provinzial-Versicherung). Die Gesellschafterversammlung der „Bauen für Menschen“ GmbH fand diesmal in zwei Abschnitten in Bonn statt.
Das Bauprojekt Castell-Park in Bonn liegt auf einem Grundstück mit Park auf dem Gelände der LVR Klinik. Gebaut wird im Moment am 2 Bauabschnitt, in dem 63 inklusive Wohnungen (plus 63 TG-Parkplätze und inklusive Parkanlage mit Spielplätzen) gebaut werden. Von den 4 Gebäuden im zweiten Abschnitt sind zwei praktisch fertig gestellt und ab November bezugsfertig. Die anderen beiden Gebäude sind im Rohbau und werden bis Mitte/Ende nächsten Jahres bezugsfertig. Das Projekt ist im Zeitplan und liegt zurzeit unter dem Finanzplan.
Der dritte Bauabschnitt wird eine energetische Sanierung eines auf dem Gelände befindlichen Wohnheims werden. Spielplätze und Parkanlagen (auf die Herr Boss immer wieder verwies) werden im Anschluss an den zweiten Bauabschnitt in Angriff genommen.
Die aktuell bezugsfertigen Wohnungen sind für eine inklusive Nutzung gebaut: Von breiteren Türen, barrierefreien Zugängen, PKW-freien Wegen auf dem überirdischen Gelände, Aufzügen aus der Tiefgarage, einem Innovatives Türklingelsystem und Leitsystemen für Menschen mit eingeschränkter Sehfähigkeit wurde an alles gedacht. Die Materialien und Ausstattungen sind hochwertig, die Gebäude und Wohnungen werden schick.
Keine der Wohnungen ist Sozialwohnung (bzw. geförderter, preisgebundener Wohnraum).
Die Wohnungen sind 75-120 m2 groß. Die Mietpreise orientieren sich „an dem Bonner Mietspiegel“, was in der Praxis Mieten von 11,50 – 14 Euro / m2 bedeutet. Man habe deutlich mehr Mietanfragen als Wohnungen. Die Gebäude sollen mit einer „inklusiven“ Mischung an Mietenden (Behinderte, Nichtbehinderte, Familien etc.) bezogen werden, was den Auswahlprozess der Mieter als etwas komplizierter mache.
Die einfache Vermietung gilt als Zeichen dafür, dass sich genug Menschen die Objekte leisten können. Hinweise darauf, dass sich genau diejenigen, für die der größte Bedarf ausgemacht ist (siehe z.B. Böckler Stiftung: 1,5 Millionen Apartments im preiswerten Segment fehlen)
Bei dem seit rund 10 Jahren geplanten Projekt wurden auf heute normalen Standards verzichtet. Zwar ist das Gebäude richtig wärmegedämmt (KW 55, evtl. sogar 40), Fernwärme, Fußbodenheizung etc., auf andere Bereiche wird verzichtet.
Insgesamt ist darauf hinzuweisen, dass inklusives Bauen mit viel Aufzügen und hohem elektronischen Aufwand z.B. für Klingel- und Leitsysteme einen entsprechenden Strombedarf hat.
Das Projekt ist gut. Verbesserungsmöglichkeiten im Projekt - insbesondere die fehlende Photovoltaik / zusätzliche Wärmepumpen wären aber wünschenswert. Ich meine auch, dass der LVR die vorhandenen Mittel eher für mögliche preisgünstige Mieten verwenden soll / muss – d.h. preisgebundenen Wohnraum schaffen soll. Auch wenn „Mietspiegel“ Zielvorgaben von 11-14 Euro im Neubau zulassen und dort auch vermietet werden kann – wer soll denn die günstigen Wohnungen bauen für den großen Teil der Menschen, die sich diese Mieten eben NICHT leisten können, wenn nicht öffentliche Bauträger.
Wichtigster Teil der im Anschluss an die Besichtigung durchgeführten Gesellschafterversammlung war eine bei der Finanzprüfungsgesellschaft in Auftrag gegebenen mittelfristigen Liquiditätsprognose der Gesellschaft.
Prognostiziert wurde die Liquidität der Gesellschaft auf Grundlage der bereits beschlossenen Projekte (Bonn-Castell und Pulheim). In einer zweiten Berechnung wurde die Liquiditätsentwicklung für das mögliche Projekt in Köln-Porz, Düxer Quartier, prognostiziert. Die Grundannahmen dabei sind moderate Mietenentwicklung und konservative Schätzungen der Kostenentwicklung.
Die aktuelle Beschlusslage zugrunde legend wird ein Liquiditätsengpass der Gesellschaft in Höhe von mehreren Milionen € ab 2027 bis 2031 prognostiziert. Als Lösungsansatz werden verschiedene Ansätze vorgeschlagen, wobei eine Aufstockung des Gesellschafterdarlehns des LVR als die bevorzugte Variante angesehen wird.
Vor der Berechnungen als Grundlage für die Planung des Düxer Quartiers in Köln-Porz wird deutlich, dass weder die Lösung eines kompletten Neubaus noch die mögliche Sanierung des Bestandes des Quartiers mit den vorhandenen liquiden Mitteln möglich ist. Der von „Boss“ bevorzugte Abriss und Neubau („mit ausreichend TG-Parkplätzen“) sieh dabei trotz 40% höherer prognostizierter Neubaumiete finanziell deutlich schlechter aus als die Sanierung und Aufstockung im Bestand. (Hier ist für uns ein Eingreifpunkt in Bezug auf effektivem Einsatz von öffentlichen Mitteln).
Geschäftsführung und Vorsitz werden beauftragt, Sondierungen Verhandlungen zur Aufstockung der Gesellschafterdarlehen des LVR aufzunehmen.
In diesem Zusammenhang wurde diskutiert, dass man die Provinzial-Anteile gerne übernehmen würde („Die machen nix, zahlen nix und partizipieren dann doch an der Wertsteigerung der BfM.“). Zu prüfen sei, inwieweit die Provinzial zur Abgabe der Beteiligung bereit sei. Ein einfacher Ankauf durch den LVR sei wegen der dadurch anfallenden Grunderwerbsteuer nicht machbar (Stichwort „Share-Deal“), die Wirtschaftsprüfer werden gebeten, nach finanziell attraktiveren Optionen zu schauen.
(Bemerkung: Wir sollten für eine Aufstockung des Gesellschafterdarlehns stimmen, allerdings soll das Darlehn an sozialere Mieten, d.h. funktionaleres Sanieren und Neu-Bauen gebunden werden. Evtl. muss dafür der Gesellschaftsvertrag der BfM geändert werden.)
Markus Lenk
Foto: M. Lenk
Datum: 23.09.2022
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